Diplomarbeit
|
![]() |
![]() |
|
Thema:
|
|||
Entwicklung eines Auslegungsprogramms zur statischen und dynamischen Berechnung von Kleinkompressoren |
Eingereicht am :
|
15.08. 2002 | |
von :
|
Daniel Beese | |
Betreuer und 1. Prüfer :
|
Prof. Dr.-Ing. T. Pawletta, Hochschule Wismar | |
2. Prüfer :
|
Prof. Dr.-Ing. habil. A. Platzhoff, Hochschule Wismar | |
Betriebsbetreuer :
|
Dipl.- Ing. (FH) A Heim, PNP Luftfedersysteme GmbH |
Problemstellung
Die Firma PNP Luftfedersysteme GmbH entwickelt und produziert unter anderem auch Kleinkompressoren. Sie dienen zur Versorgung von Druckluftsystemen und ihr Einsatzgebiet liegt hauptsächlich in der Nutzfahrzeug- und Automobilindustrie. Die Entwicklung und Optimierung von Kompressoren für verschiedene Einsatzbedingungen, wie z. B. der Betrieb in offenen oder geschlossenen Druckluftsystemen, ist mit einem großen Aufwand während der Entwicklungs- und Konstruktionsphase verbunden. Um die Durchlaufzeiten in diesen Bereichen zu verringern und den bisher üblichen Bau von Prototypen einzuschränken, soll eine umfangreiche theoretische Berechnung des Betriebsverhaltes des Kleinkompressors der Konstruktionsphase vorausgehen. Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines Auslegungsprogramms für Kleinkompressoren, das es ermöglicht, das statische und das dynamische Betriebsverhalten vorherzubestimmen. Das Programm soll über eine graphische Benutzeroberfläche bedienbar sein und eine einfache Beurteilung des Arbeitsprozesses bei veränderten Systemparametern ermöglichen. Den Kern des Auslegungsprogramms stellt ein Simulationsmodell, das unter MATLAB/SIMULINK® implementiert ist, dar.
Gliederung
Die Arbeit gliedert sich in folgende Abschnitte:
· Systemanalyse
· Modellbildung der statischen Berechnung
· Modellbildung der dynamischen Berechnung
· Implementierung
· Validierung / Verifikation
· Experimente
Innerhalb der Systemanalyse wurden die grundlegenden Funktions- und Wirkprinzipien von Kolbenkompressoren untersucht. Der Kompressor der Firma PNP Luftfedersysteme GmbH ist ein zweistufiger Kolbenkompressor in Tauchkolbenausführung mit einem Stufenkolben (siehe Abb. 1). Die Besonderheit dieses Kompressors liegt in der Verbindung der beiden Arbeitsräume durch einen Kanal innerhalb des Kolbens. Er ermöglicht ein direktes Verdichten der ersten in die zweite Arbeitsstufe.
Abb. 1: 3D-Modell Kompressor mit Prinzipskizze
Das Saug- und das Druckventil (siehe Abb. 2) bestehen aus dem gummielastischen Material Viton®. Sie verschließen im Ruhezustand die Arbeitsräume. Das Kammerventil (siehe Abb. 3) ist ein frei bewegliches Plattenventil, das ebenfalls aus Viton® besteht.
Abb. 2: Aufbau Saug- und Druckventil
Abb. 3: Aufbau Kammerventil
Für die Modellierung des statischen zeitunabhängigen Berechnungsmodells des Betriebsverhaltens des Kompressors dienen die geometrischen Beziehungen am Kurbeltrieb und die Gleichung der polytropen Zustandsänderung als Grundlage. Es können die Kammerdrücke, die Kolbenkraft, die Pleuelkraft und das Kurbelmoment in Abhängigkeit des Kurbelwinkels sowie die isentrope Leistung, die isotherme Leistung, der angesaugte Volumenstrom, der Liefergrad, der isentrope und der isotherme Wirkungsgrad für einen Arbeitszyklus berechnet werden. Für die dynamische Berechnung wird das mathematische Modell auf Grundlage des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik erstellt. Aus dieser Energiebilanz lässt sich zusammen mit einer Massenbilanz ein gekoppeltes nichtlineares Differentialgleichungssystem mit je 2 Gleichungen je Kompressorkammer ableiten. Vorraussetzung ist die Annahme, dass der Inhalt der Kompressorkammern homogen ist und somit die Zustandsgrößen Druck und Temperatur einheitlich für den gesamten Kontrollraum gelten. Zusätzlich wird für jede Kammer der Druck über die thermische Zustandsgleichung idealer Gase bestimmt. Das Gesamtgleichungssystem ist wie folgt aufgebaut:
![]() |
T | Temperatur |
m | Masse | |
Q | Wärmemenge | |
p | Druck | |
s | Kolbenweg | |
Index K1 | Kammer 1 | |
Index K2 | Kammer 2 | |
![]() |
angesaugter Massenstrom | |
Massenstrom im Überströmkanal | ||
ausgeschobener Massenstrom | ||
Leckagemassenstrom Kammer 1 | ||
Leckagemassenstrom Kammer 2 |
Die Massen und Wärmeströme werden außerhalb des Gleichungssystems berechnet. Diese Trennung erlaubt einen modularen Aufbau des Simulationsmodells in SIMULINK®.
Neben den Ergebnisgrößen der statischen Berechnung sind bei der dynamischen Berechnung die Kammertemperaturen, die zeitlichen Verläufe der Ventilmassenströme, die indizierte Leistung, der geförderte Volumenstrom und die indizierten Wirkungsgrade auswertbar.
Abb. 4: SIMULINK®-Modell der Kompressorkammer 1
Das statische Berechnungsmodell ist in einem MATLAB®-m-file implementiert. Das dynamische Modell wurde auf der graphischen Oberfläche der MATLAB-SIMULINK® -Toolbox abgebildet. In der Abb. 4 ist beispielhaft das SIMULINK®-Modell des Gleichungssystems der Kammer 1 dargestellt. Das Simulationsmodell ist modular aufgebaut und ermöglicht somit ggf. die Erweiterung des Modells. Die Gesamtprogrammstruktur ist hierarchisch auf die Benutzeroberflächen ausgerichtet. Das Programm ist in zwei Teilprogramme unterteilt. Das erste Teilprogramm, dessen Benutzeroberfläche in Abb. 5 dargestellt ist, dient zur Eingabe der Modellparameter, der Berechnungsoptionen und zum Start der statischen bzw. der dynamischen Berechnung. Mit dem zweiten Teilprogramm lässt sich eine im vorherigen Schritt erzeugte Experimentdatei öffnen und die Berechnungsergebnisse in Form von 3D-Plots, Contour-Plots und 2D-Plots auswerten. Im ersten Teilprogramm ist weiterhin eine Experimentierumgebung implementiert. Sie ermöglicht die Berechnung einzelner Arbeitszyklen, eine zeitlich fortlaufende Simulation sowie die Berechnung von statischen und dynamischen Kennfeldern in Abhängigkeit von einem oder von zwei Modellparameter(n).
Abb. 5: Benutzeroberfläche des ersten Teilprogramms "paragui.m"
Die Verifikation des dynamischen Berechnungsmodells erfolgt über einen Vergleich mit Messdaten. Es wurden die Leistungs- und Volumenstromcharakteristik beim Befüllen eines Behälters mit den Ergebnissen einer Simulation gegenübergestellt. Weiterhin wurden Testrechnungen durchgeführt, die das dynamische Modell ebenfalls bestätigen.
Abb. 6: stat. und dyn. Leistungskennfeld
Abb. 7: Momentenverlauf als Funktion des Ausschiebedrucks
Ein Beispielexperiment ist in Abb. 6 und in Abb. 7 dargestellt. In diesem Experiment wurde ein statisches und ein dynamisches Kennfeld in Abhängigkeit des Ausschiebedrucks und der Kompressordrehzahl berechnet. Für dieses Beispiel wurden die Leckage und die Wärmeübertragung vernachlässigt. In Abb. 6 ist deutlich zu erkennen, dass der simulierte Leistungsbedarf des Kompressors bei steigender Drehzahl und anwachsendem Ausschiebedruck gegenüber der statisch bestimmten Leistung größer wird. Dieses Verhalten ist auf die bei der Simulation berücksichtigten Energieverluste an den Ventilen zurückzuführen. In Abb. 7 ist der Momentenverlauf innerhalb eines Arbeitszyklus über dem Kurbelwinkel für das o. g. Kennfeld bei n = 1010 min-1 dargestellt. Das mit dem Druck ansteigende Kurbelmoment M ist auf die Verdichtungsphase in der 2. Stufe zurückzuführen. Es entsteht eine ungleiche Leistungsverteilung zwischen der 1. und der 2. Kompressorstufe.
Zusammenfassung
Mit dem entwickelten Auslegungsprogramm lässt sich über eine graphische Benutzeroberfläche der Einfluss verschiedener Systemparameter auf das Betriebsverhalten des Kompressors untersuchen. Das Auslegungsprogramm bietet die Möglichkeit zur Auswertung bzw. zur graphischen Darstellung der Berechnungsergebnisse und kann somit im Vorfeld der Konstruktionsphase zur Vorausbestimmung des Betriebsverhaltes des Kompressors eingesetzt werden.
Daniel Beese
e-mail: daniel.beese@gmx.de